Eine Stadt wie Dubai zu besuchen, hat die Begleiterscheinung, sich auf ein Programm einlassen zu müssen. Oft entsteht um einen Ort, der eine interessante Geschichte, eine schöne Umgebung oder eine wie auch immer dort gelandete Besonderheit hat, nach und nach ein organisch wachsender Ameisenhaufen, den man gut auf eigene Faust erkunden kann, seine Eigenarten und Charakter verstehen lernen und alle Facetten verstehen lernen, auch die, die nichts mit dem Grund seiner Bekanntheit zu tun haben. Hier ist das anders, denn eigentlich gab es bis vor ein Jahrzehnten an der Stelle, an der sich heute diese Wahnsinnsstadt befindet, nur Wüste und Wasser. Deshalb wurde hier alles geplant und angelegt wie ein riesengroßer Freizeitpark für Reiche und noch Reichere, verrückte Bauwerke zum Erkunden, alle vorstellbaren Freizeitvergnügen und sonstige Aktivitäten wurden nur zu dem Zweck erschaffen, die noch größer werdenden Touristenströme bestmöglich zu unterhalten. Die wenige Natur, die es an diesem Flecken Erde noch gibt, bildet da keine Ausnahme. Und so wird eine Wüstensafari in ungefähr jedem Reiseführer als eine Möglichkeit beschrieben, mal ein bisschen aus der City herauszukommen und etwas Spaß und Vergnügen abseits der Hochglanzwolkenkratzer zu erleben, und vielleicht sogar einen Hauch eines Eindruckes des Landes außerhalb der Cocktailbars und klimatisierten Shoppingmalls zu bekommen. Wer ein bisschen auf Tripadvisor oder den sonstigen üblichen Seiten herumstöbert, wird schnell erkennen, dass aber auch hier ein klares Programm, wie dieser Eindruck auszusehen hat, vorherbestimmt ist, von Individualität eher kaum eine Spur. Aber das ist vermutlich auch keine große Überraschung, und auch nicht das Ziel dahinter, man ist hier halt Tourist, kein Reisender.
Wir beginnen unser Programm direkt vor unserem Hotel, wo uns ein klimatisierter Jeep mit acht Sitzplätzen abholt. Wir sind die ersten, und unser Fahrer fährt noch ein weiteres Hotel an, wo noch mal eine Handvoll Leute zusteigen, wie sich herausstellt, Touristen aus Bulgarien, die den heutigen Tag mit uns zusammen verbringen werden. Danach geht es in doch recht langer Fahrt hinaus aus der Innenstadt Dubais, durch die gleißende Sonne auf breiten Highways in Richtung Wüste südöstlich der Stadt. Erster Stopp ist ein von großen Sanddünen umgebenes Gelände mit hunderten roten Buggies und ein paar flachen Gebäuden. Hier haben wir die Möglichkeit, mit besagten Sandgefährten dröhnend die umliegende Wüste unsicher zu machen, oder uns bei einem kühlen Getränk einen ersten Eindruck von der Wüste zu machen. Das Wetter ist Gott sei Dank mittlerweile eher diesig, sodass de Hitze sogar ganz erträglich ist. Wir entspannen uns lieber mit einer kühlen Limo und schauen den anderen dabei zu, wie sie ihre Quads durch den Sand jagen.
Bald schon fahren wir weiter, verlassen nach kurzer Fahrt die Straße und setzen unseren Weg über den Wüstensand fort. Nun steht der Höhepunkt unseres heutigen Ausfluges bevor. Doch zuvor steigt unser Fahrer aus und lässt etwas Luft aus den Reifen, damit wir auf dem glatten Sand auch genug Grip haben für unser bevorstehendes Abenteuer. Wir warten noch auf ein paar andere Jeeps, und los geht es im Konvoi. Erst noch etwas ruhiger den Kamm der Dünen entlang, dann reißt der Fahrer auf einmal das Lenkrad herum, um kunstvoll durch den feinen Sand zu driften. Dazu tönt laute Technomusik aus dem Autoradio, es fühlt sich an wie im Freizeitpark und ist ein Riesen Spaß. Wir werden vom hin und her gleitenden Jeep nur so herumgeschleudert. Ob dabei dem einen oder anderen auch ein bisschen schwummerig im Wagen geworden ist, vermag ich nicht zu sagen, jedoch bleiben wir alle heil, auch weil unser Fahrer ein erfahrener Profi ist. Auch als sich das Gefährt zwischenzeitlich gefährlich in der Kurve zu neigen droht, sodass wir alle schon trotz Gurten halb aufeinander rutschen und es sich anfühlt, als würden wir gleich umkippen, manövriert er uns gekonnt weiter in actiongeladenen Driftings.
Irgendwann machen wir Halt auf einer hohen Düne, wo wir aussteigen und das tolle Wüstenpanorama bewundern können. Mit uns sind schon einige andere Jeeps hier gelandet, und alle machen sich eifrig daran, die Kulisse auf vielen Bildern zu verewigen, sich selbst und die Mitreisenden in allen Gruppierungen und Posen inklusive. Man muss schon zugeben, dass die Landschaft hier wirkt, als wäre man in einem Film gelandet, rotbraune Sanddünen, soweit das Auge reicht. Jedoch haben wir dafür nur kurz Zeit, denn schon holt unser Guide aus dem Kofferraum das Gadget für den nächsten Programmpunkt: Sandboarding. Wie beim Snowboarding auch, geht es hier darum, die Sandpiste auf einem Brett stehend mehr oder weniger elegant herunterzurutschen, und dabei möglichst nicht auf dem Hintern oder gar Gesicht zu landen. Mutig macht einer aus unserer Gruppe den Anfang und saust vergnügt den Hügel herunter, als hätte er nie etwas anderes getan. Bestimmt ein Snowboarder oder so. ALs nächstes versuche ich mich, und schaffe es tatsächlich auch einigermaßen heil unten anzukommen. Gefährlich ist das Ganze natürlich nicht, man erreicht auf dem feinen Sand kaum mehr als Schrittgeschwindigkeit, und muss nur ein bisschen die Balance halten. Einer nach dem anderen vollbringt das Meisterstück, manche noch ein zweites oder drittes Mal, und sammeln actiongeladene Urlaubsfotos und -videos. Wer sich das trotzdem nicht ganz zutraut, kann sich alternativ auch auf einem Sandschlitten, nicht viel mehr als ein Brett mit zwei Schlaufen zum festhalten, der Schwerkraft hingeben. Das Anstrengendste ist definitiv der Weg durch den Sand wieder herauf.
Schon bald aber steigen alle wieder in ihre Jeeps, und weiter geht es, im Konvoi noch einmal ein bisschen durch die Wüste, bis wir unseren letzten Stopp für heute erreichen: Das große Wüstencamp, eine Ansammlung großer Zelte und Unterstände, wo nach dem aufregenden Teil unseres Ausfluges nun der Gemütliche wartet. Eine Weile können wir uns an Tee und den hier allgegenwärtigen köstlichen Datteln bedienen, selbst gemachtes Brot kosten und Souvenirs erstehen. Wer Lust auf ein tierisches Vergnügen hat und von der vorherigen Schaukelei noch nicht genug hat, kann auch einen Kamelritt wagen, bevor wir zum reichhaltigen Abendessen gerufen werden. Ein riesiges Buffet mit Speisen aus der emiratischen, marokkanischen, ostasiatischen und arabischen Küche lässt eigentlich keine Wünsche unerfüllt, und die einsetzende Hektik, als helle Glocken die Eröffnung des Festmahles ankündigen, ist angesichts der sich haushoch türmenden Bergen von Essen komplett unbegründet. Ein jeder kann und muss auch ein zweites oder drittes Mal den Teller vollladen, um auch nur annähernd jedes Gericht wenigstens mal zu kosten, und schon bald fläzen hunderte Touristen satt und zufrieden an ihren Tischen in der einsetzenden Wüstennacht. Es folgt ein kleines Showprogramm mit Tanz- und Feuereinlagen, die das Camp in ein lichtdurchflutetes Spektakel im größten hier vorhandenen Zelt, dem der Sterne, verwandeln. Zwischendurch ist Zeit, sich dieses in aller Pracht von außerhalb anzuschauen, wo man auf eine Düne klettern und eine Weile das hier draußen, ungestört vom Lichtsmog der Stadt, hell strahlende Firmament bewundern kann. Man erkennt euch eine Handvoll wohl ganz ähnlicher Camps hier in der Umgebung.
Auch wenn das hier natürlich ein von Anfang bis Ende komplett unindividuelles Erlebnis ist und man hier wohl keinen allzu authentischen Eindruck mehr vom Leben in den Emiraten außerhalb der Hochglanzstädte bekommt: Man muss schon anerkennen, dass es alleine eine organisatorische und logistische Meisterleistung ist, uns hier alle am Ende dieses Tages satt an Eindrücken und Essen, sowie hochzufrieden in der Wüste, abseits von der Zivilisation, den Tag ausklingen zu lassen.